Porsche 718 Spyder RS: Fahreindruck und alle Infos über den Leichtbau-Roadster

Der Porsche 718 Spyder RS ist die schärfste und letzte Verbrennervariante vom 718 Boxster. Wir haben den Leichtbau-Roadster mit Hochdrehzahlmotor aus dem 911 GT3 auf der Schwäbischen Alb getestet und klären, ob er reines Tracktool oder alltagstauglich ist. Spoiler: das Verdeck ist es nicht.

Ein bisschen verrückt sind die Porsche-Leute ja schon: Um den Saugmotor aus dem 911 GT3 in den 718 Spyder einzubauen, musste ein neues flacheres Verdecksystem entwickelt werden. Nun kann man die Stoffhaube sogar zu Hause lassen. Wir erinnern uns: der 718 Spyder hat ein manuelles Verdeck, das sich ebenfalls vom elektrischen der Basis 718 Boxster unterscheidet. Damit ist der Porsche 718 das einzige Fahrzeug der Welt mit drei verschiedenen Cabriodachsystemen. Ob der Entwicklungsaufwand sich lohnt? Wie gesagt, zum Glück sind die Porsche-Leute um den Leiter der GT-Abteilung Andy Preuniger etwas verrückt.

Porsche 718 Spyder RS Heck

Typisch Spyder: die zwei Höcker überm Motor. Nur der RS hat die Lufteinlässe neben den Überrollbügeln.

Leichtbau mit Carbon und Magnesium

Wir fahren den neuen Porsche 718 Spyder RS, den krassesten offenen Sportwagen der Marke, auf der Schwäbischen Alb. Er brüllt: Es ist, als ob man einen wilden Tiger reitet, der vor Freude an der Bewegung aus tiefster Kehle schreit. Das liegt an dem Motor aus dem Rennsport, der seine Ansaugluft direkt neben dem Ohr des Fahrers zieht, und an der Titanauspuffanlage. Der gelbe Zeiger des Drehzahlmessers fliegt schnell dem irren Maximum von 9000 1/min entgegen.

Mit dem Weissach-Paket kommt außen einiges vom schicken Leichtbaumaterial Carbon dazu. Zusammen mit den leichten (und teuren) Magnesiumfelgen kann man so noch einmal 10 Kilogramm einsparen – und das bei den ungefederten Massen, was für die Agilität besonders viel bringt. Der Spyder RS kommt dank Leichtbau mit viel Carbon für Fronthaube und Kotflügel auf lediglich 1410 Kilogramm Gewicht. In Kombination mit dem PDK-Doppelkupplungsgetriebe und dem freisaugenden 6-Zylinder-Boxermotor vom 911 GT3, der hier 500 PS leistet, sorgt das für einen rasanten 3,4-Sekunden-Sprint von null auf 100 km/h.

Im offenen Spyder RS fühlt es sich sogar noch schneller an, weil der Wind a den Haaren zerrt, der Asphalt zum Greifen nah ist und der Motor scheinbar noch mehr Pferdestärken zusammenbrüllt. Wie sich die 308 km/m Spitze offen anfühlen, können wir auf der Landstraße zum Glück nicht ausprobieren.

Die leichten Magnesiumräder sind Teil des optionalen Weissach-Pakets

Fahreindruck: Präzise ohne übertriebene Härte

Auf der Schwäbischen Alb gibt es ideale Straßen für den Spyder RS: Kurven aller Radien, Serpentinen, Kuppen, tolle Ausblicke auf Felsnadeln und Burgruinen für den Beifahrer. Der Wagen lässt sich perfekt über das Lenkrad positionieren, gibt viel Rückmeldung, liegt auch bei höheren Kurvengeschwindigkeiten sehr sicher auf der Straße, ist aber nicht so direkt wie ein GT3 ausgelegt. Auf regenfeuchten Abschnitten beim Rausbeschleunigen aus Kurven merkt man, dass das ESP dem Heck etwas Freiheit einräumt, ohne dass es sich unsicher anfühlt.

Auf dem nicht immer perfekten Asphalt rollt der Spyder RS sportlich straff, aber mit erstaunlich viel Restkomfort ab. Man spürt das, was Andreas Preuninger, der GT-Verantwortliche bei Porsche, am Vorabend erzählt hat: Der Wagen ist nicht für die Rennstrecke abgestimmt, sondern für die Landstraße. Nicht um Rundenzeiten um weitere Zehntelsekunden zu verbessern, sondern um Spaß zu haben. Das passt zu diesem offenen Wagen auch viel besser als zu dem vergleichbaren geschlossenen Cayman GT4 RS, der mit viel aerodynamischem Abtrieb und Überrollkäfig eher für die Rennstrecke gedacht ist.

Porsche 718 Spyder RS Front

Fronthaube aus Sicht-Carbon, aggressive Schürze, tiefer Frontsplitter: Dem 718 Spyder RS sieht man die Fahrmaschine an.

Abenteuerliches Verdeck

So haben wir jede Menge Spaß mit dem offenen Spyder RS – bis es anfängt zu regnen. Nun muss man wissen, dass das Verdeck des Spyder RS wegen der großen Ansauganlage des GT3-Motors und aus Leichtbaugründen anders konstruiert ist als das elektrische Verdeck des Boxsters, auf dem er basiert, und ebenfalls anders als das manuelle Verdeck des „normalen“ Spyders. Beim RS besteht das Dach aus einem einlagigen Sonnensegel und einem Wetterschott. Um es aus- und einzubauen, sind einige Hebel zu ziehen und wieder einzuklappen, Bänder zu spannen, das Verdeck zusammen- oder auszurollen und in dem kleinen Fach unterm hinteren Kofferraumdeckel zu verstauen. Wir haben dafür von Preuninger extra eine Verdeckschulung bekommen und mussten selbst zeigen, dass wir es auf- und abbauen konnten.

Der Vorteil: Man kann das Verdeck zu Hause lassen, um weiteres Gewicht zu sparen, wenn es sicher keinen Niederschlag gibt. Hier regnet es nun aber in Strömen. Wir haben das Verdeck zwar dabei, aber wenn wir anhalten, um es zu montieren, sind die Race-Tex-Sitze wahrscheinlich vollgesogen wie ein Schwamm, bis das Dach richtig drauf ist. Also versuchen wir, so schnell zu fahren, dass das meiste Wasser über uns hinwegrauscht, aber so langsam, dass wir trotz des Platzregens noch etwas sehen können. Gar nicht so einfach, wenn man in einer Ortschaft und hinter einem Lkw fährt. Nach fünf Minuten ist aber alles vorbei, die Sonne kommt raus und trocknet zusammen mit der Heizung die paar Tropfen, die im Innenraum gelandet sind. Mit dem RS kann man also kleine Abenteuer erleben.

Porsche 718 Spyder RS Verdeck

Das dünne Verdeck ist leicht, aber umständlich zu montieren.

Klassischer Innenraum

Den 718 Boxster hat Porsche ja schon 2016 vorgestellt. Der Innenraum ist ähnlich wie beim 991.2 gestaltet und wirkt heute etwas gereift: Für viele Funktionen gibt es eigene Knöpfe, gestartet wird per Schlüssel. Das passt zur puristischen Fahrmaschine und lenkt weniger ab, als die Funktionen in Untermenüs des Touchdisplays zu suchen. Von den drei Rundinstrumenten im Cockpit ist nur das linke digital, Tacho und Drehzahlmesser arbeiten analog – im Spyder RS wie beim GT3 mit gelben Zeigern. Zudem kleidet der stärkste 718 viele Flächen mit wildlederartigem Race-Tex aus. Carbon-Blenden und eine gelbe 12-Uhr-Markierung sorgen ebenfalls für Sportlichkeit.

Die bequemen und haltstarken Schalensitze sind sogar serienmäßig an Bord.

Im 718 Spyder RS geht es sportlich und analog zu.

Exklusivität und Preis

Den Spyder RS zu kaufen, ist gar nicht so einfach, denn die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem, obwohl es keine Limitierung gibt. Aber unabhängig vom Fahrspaß und dem überzeugenden Konzept des GT3-Rennaggregats im leichten Mittelmotor-Roadster: Dies ist der letzte auf dem Boxster basierende Wagen mit Verbrennermotor. Die Linie wird bald neu als Elektrofahrzeug vorgestellt. Der Grundpreis von rund 155.000 Euro steigt mit den empfehlenswerten Extras Weissach-Paket, Magnesiumfelgen und Keramikbremsen schon nah an die 200.000 Euro.

Die Investition zahlt sich aber nicht nur wegen des grenzenlosen Fahrspaßes aus: Denn der Spyder RS ist mit dem hochdrehenden GT3-Motor und dem Leichtbau die Krönung der Boxster-Linie und ihr letzter Verbrenner. So wird er einen besonderen Platz in der Porsche-Historie einnehmen — mit entsprechendem Werterhalt —, bevor die Reihe in eine elektrische Zukunft fährt.

Auf den kurvenreichen Landstraßen der Schwäbischen Alb fühlt sich der 718 Spyder RS wohl.

Fazit

Der Porsche 718 Spyder RS ist ein puristischer Roadster, der kompromisslos auf Fahrspaß ausgelegt ist. Der Sound sorgt für Gänsehaut, die Kraft und Präzision für Dauergrinsen und die Federung zumindest nicht für Bandscheibenvorfälle. Vermisse ich eine Handschaltung? Nicht wirklich! Nachteile sind der hohe, aber gerechtfertigte Preis und das umständliche Verdeck, das diese Fahrmaschine erst möglich gemacht hat. Danke an die verrückten GT-Leute!

Sound, Power, Leichtigkeit, Präzision: Fahrspaß pur mit dem Porsche 718 Spyder RS


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