Porsche 911 3.0 RSR-Recreation: Rot, Schnell, Rar

Klar, RSR ist die Abkürzung für RennSport Rennwagen, aber bei diesem Neuaufbau ist einiges anders.

Text: Jens Koch Fotos: Marcus Krüger

Gibt es etwas Cooleres als einen Neunelfer aus den 70ern? Nein, nicht zwei davon, sondern eine Rennversion des Kult-Porsches aus dieser Zeit!

Die bekanntesten sind die ersten RS-Modelle von 1972 mit dem Entenbürzel-Spoiler und dem geschwungenen Carrera-Schriftzug auf der Seite, der bei Porsche tatsächlich „Donauwelle“ heißt. Vom Carrera RS 2.7 musste Porsche zur Homologation als Gruppe-4-GT-Rennwagen 500 Exemplare an den Mann bringen, um ihn bei Rennen einsetzen zu können. Das schien den Verantwortlichen bei Preisen von über 30.000 D-Mark schier unmöglich. Doch der spartanische Leichtbauwagen mit 210 PS traf genau ins Schwarze – am Ende verkauften die Schwaben mehr als dreimal so viele.

Auf diesem Wagen basiert der noch radikalere und hubraumvergrößerte erste RSR 2.8. Der RSR ist damals wie heute die schärfste Rennversion des 911. Der ebenfalls mit dem Entenbürzel versehene Rennwagen kann mit 300 PS auftrumpfen, kostet allerdings fast doppelt so viel wie der RS und findet knapp 50 Abnehmer.

Mit der zweiten 911er-Generation von 1973 folgt schon der auf drei Liter Hubraum vergrößerte Carrera RSR 3.0, der das Vorbild für unseren roten Renner darstellt. Er trägt den großen „Walflossen“-Spoiler, den der zwei Jahre später folgende 911 Turbo berühmt gemacht hat, sowie die charakteristische Luftöffnung in der Front für den Ölkühler.

Insgesamt baut Porsche 56 Exemplare, während die zivile Version RS 3.0 auf 53 Stück kommt.

Der Preis von 96.000 D-Mark für den RSR war damals ein Statement. Dafür gab es jede Menge Rennsport: So stammt die Bremsanlage aus dem Le-Mans-Sieger Porsche 917. Der Dreiliter-Sechszylinder-Boxer aus Aluminium mobilisiert mit offenen Ansaugtrichtern 320 PS. Und die müssen nur gut 900 Kilogramm bewegen.

Leicht gemacht wurde der RSR durch seine Karosserie aus Dünnblech, den Kofferraumdeckel und die Motorhaube mit Spoiler aus Kunststoff sowie Dünnglasscheiben. Vor allem ließ Porsche alles weg, was nicht unbedingt zum Fahren benötigt wurde. Dazu gehörte der Verzicht auf Teppiche, Rücksitze und natürlich Komfortfeatures wie Radio, Klimaanlage und Ähnliches. Sogar die Türgriffe innen wurden durch leichte Schlaufen ersetzt.

1973 gewann der RSR die 24 Stunden von Daytona und die Targa Florio. Er konnte sich bei Langstreckenrennen sogar gegen die deutlich stärkeren Prototypen durchsetzen und dominierte bis 1975 in der Sportwagen-Weltmeisterschaft die GT-Klasse.

Die Rennerfolge sind ein Baustein für die Faszination, die der RSR 3.0 noch heute auslöst. Mindestens ebenso wichtig ist die geniale Optik: Der große, flache Spoiler, der nicht übertrieben wirkt, die weit ausgestellten Radhäuser mit den breiten Rennreifen und die zahllosen Luftein- und -auslässe in der Karosserie. All dies sind Merkmale, die heute charakteristisch für die Porsche RS-Modelle sind und die auch andere Supersportwagen übernommen haben.

Kein Wunder also, dass die Wagen äußerst begehrt sind: Die wenigen RSR 3.0, die auf Auktionen auftauchen, werden für deutlich über eine Million Euro gehandelt. Ein teurer Spaß, vor allem, wenn man den Wagen bestimmungsgemäß auf der Rennstrecke bewegen und andere daran teilhaben lassen will.

Könnte man es nicht wie Porsche machen, ein G-Modell der 1970er Jahre als Basis nehmen und daraus einen Rennwagen bauen, der optisch und fahrdynamisch dem RSR entspricht?

Zumindest kann das die Firma Manfred Niederhof am Starnberger See. Dort baut man nicht nur alle Karosserieteile in GFK oder Kohlefaser, sondern hat auch Instrumente, Renntank, Überrollkäfig, Fahrwerk, Achsen, Bremsen, Auspuffanlage und Getriebe auf Lager. Auch dem Motor widmet man sich dort.

Unser roter Renner wird 1979 als Porsche 911 SC erstmals zugelassen. Sein Dreiliter-Boxer leistet damals 180 PS. Und so bleibt es auch, bis Niederhof ihn Anfang der 2000er-Jahre nach dem Vorbild des RSR 3.0 umbaut. Das betrifft bei weitem nicht nur die Optik – auch in Technik und Leichtbau kommt er dem RSR sehr nahe und kann ihn sogar bei der Leistung übertrumpfen.

Den Hubraum des Motors vergrößert Niederhof auf 3,6 Liter, und er mobilisiert nun mit 369 PS rund 50 Pferdestärken mehr als ein originaler RSR 3.0. Dazu kommen viele Originalteile, wie eine Stahl/Alu-Rennsportschwungscheibe mit originaler RSR-Druckplatte und ein 25-mm-906/RSR-Lüfterrad. Wie das Vorbild atmet er durch offene Ansaugtrichter ohne Luftfilter. Natürlich wurde auch der typische RSR-Frontölkühler verbaut. Beim Fahrwerk kommen Bilstein-RSR-Federbeine vorne und Bilstein-RSR-Stoßdämpfer mit Doppelfedern und Unibalgelenken im Domlager zum Einsatz.

Bei den Bremsen kann er sogar auf 993-RSR-Bremssättel vorne und 997-Bremssättel hinten zurückgreifen. Wie beim Vorbild gibt es links neben dem Lenkrad eine Bremskraftverstellung zwischen vorne und hinten. Ein 110 Liter großer FT3-FIA-Renntank erlaubt auch den Einsatz bei Langstreckenrennen. Die wunderschönen und extrem leichten BBS-Rennsport-Magnesiumfelgen Typ E50.1 stammen vom Original-RSR.

Der von Niederhof aufgebaute Wagen treibt den Leichtbau sogar noch weiter als der RSR von 1974. Neben leichten Seitenscheiben aus Makrolon fallen zahlreiche Durchbohrungen auf: Sogar die Türgriffe, die Scharniere der Motorhaube und etliche Teile im Innen- und Kofferraum wurden so gewichtsoptimiert. Der Innenraum ist komplett ausgeräumt: kein Teppich, keine Verkleidung, nur der Rennsitz für den Fahrer und die Feuerlöschanlage sind auf das lackierte Blech geschraubt. So sinkt das Gewicht auf unter 1000 Kilogramm.

Beste Voraussetzungen also für einen erfolgreichen Renneinsatz. Zumal alles am Fahrzeug dem Reglement der Youngtimer-Trophy und der 100 MT Gruppe 5 entspricht. Ein aktueller FIA Historic Technical Passport (HTP) und ein DMSB-Wagenpass liegen ebenfalls vor.

Der rote RSR-Umbau konnte sogar schon Erfolge einfahren: 2008 gewinnt er die Porsche Classic Car Kumho Trophy am Sachsenring. Nach langer Rennpause feiert er 2017 in Hockenheim bei der 100 Meilen Trophy den Klassensieg und stellt seine Zuverlässigkeit beim Rennen 24h Classic - Youngtimer am Nürburgring unter Beweis, bei dem er den fünften Gesamtplatz erreicht.

Die Zuschauer lieben die spektakuläre Optik und den Sound des RSR. Und das Beste: Für den rennfertigen Wagen zahlt man nicht wie für das Original ein Vermögen. Unser Fotomodell stand bei Hallier Classic Cars für 188.800 Euro zum Verkauf.


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