Test Porsche 911 GT3 (992): Rennwagen für die Straße
Bevor der neue 911 GT3 der Generation 992.2 nächstes Jahr ausgeliefert wird, fahren wir mit dem aktuellen GT3 992.1 über die Rennstrecke – und durch den Wald.
Text: Jens Koch Fotos: Marcus Krüger
Der 911 GT3 ist eine Legende. Seit der Generation 996 baut Porsche ein vom 911-Rennwagen inspiriertes Modell mit dieser Bezeichnung. Walter Röhrl schaffte es 1999 mit dem GT3 erstmals mit einem straßenzugelassenem Wagen die Nürburgring Nordschleife in unter acht Minuten zu umrunden. Damit schrieb sich der GT3 in die Geschichtsbücher ein und eroberte die Herzen der Sportwagenfans.
Wir sind an diesem sonnigen Tag nicht am Nürburgring, sondern an einer anderen berühmten Rennstrecke, dem Hockenheimring, um den 911 GT3 der Generation 992 auszutesten. Schon im Stand sieht er mit seinem riesigen Schwanenhalsheckflügel, dem hinteren Diffusor und den Luftauslässen auf der vorderen Haube nach Rennwagen aus. Unser Exemplar wirkt dank der Farbe Shark Blue noch angriffslustiger.
Auf der Rennstrecke begeistert der Porsche 911 GT3 mit Präzision und brachialem Sound.
Nun aber los. Schon in den ersten Kurven bekomme ich Gänsehaut: Der GT3-Motor brüllt, steigert sich auf den Geraden und schreit die Tribüne zusammen. Ich schwitze im Rennoverall hinterm Steuer. Auf der Rundstrecke des Porsche Experience Center versuche ich, auf der Idealline des Instructors im Wagen vor mir zu bleiben. Die Lenkung folgt auf den Millimeter der gewünschten Spur, nur beim Schalten mit dem knackigen Sechsganggetriebe mit kurzen Wegen und nur einer Hand am ultradirekten Lenkrad muss ich aufpassen, dass ich nicht in die Leitplanken abbiege. Der geniale Saugmotor fordert hohe Drehzahlen, seine maximale Leistung von 510 PS erreicht er erst bei 8400 Umdrehungen. Gelbe Schaltblitze signalisieren, wann das Limit von 9000 erreicht ist.
Der GT3 ist eine Legende: Handschalter, hochdrehender Saugmotor, Leichtbau und viel Renntechnik aus dem Porsche Motorsport. Noch schneller wäre er mit automatischem Doppelkupplungsgetriebe (das es optional gibt) und turboaufgeladenem Motor (den inzwischen alle anderen 911er haben), aber die Handschaltung sorgt für eine innigere Verbindung mit der Technik, und es ist das traditionellere System.
Der Schwanenhalsaufhängung des Heckflügels verbessert die Aerodynamik beim 992 GT3 nochmals.
Auch den Motor bis 9000 hochzudrehen unter dem anschwellenden Trompeten der Abgasanlage, das ist wie früher: noch emotionaler als die leiseren Turbomotoren der anderen 911er, die schon ab 2250 Umdrehungen ihr maximales Drehmoment erreichen. Der 4-Liter-Boxermotor im Heck stammt eins zu eins vom Rennwagen 911 GT3 Cup und leistet 510 PS und 470 Nm.
Bequemlichkeit erwartet man bei einem Rennwagen für die Straße am wenigsten – umso überraschender, dass die Federung des GT3 zwar straff, aber mit erstaunlichem Restkomfort agiert. Sogar als unsere kleine Straße sich als unbefestigter Waldweg mit Wandermarkierungen fortsetzt, hat der Sportwagen keine Probleme. Allerdings überholen uns wegen der vorsichtigen Fahrweise und der Fotostopps schon die Mountainbiker. Die optionalen, besonders leichten Vollschalensitze sind nicht nur enorm haltstark, sondern auch deutlich bequemer, als sie aussehen. Die hohen Sitzwangen erfordern beim Aussteigen allerdings etwas Gelenkigkeit.
GT3 auf Abwegen: Google behauptet, der Wanderweg ist die schnellste Strecke.
Die Preise für den 992.1 GT3 starteten bei 171.000 Euro. Das ist gut angelegtes Geld, nicht nur wegen des grenzenlosen Fahrspaßes: Die Nachfrage übersteigt beim GT3 das Angebot, was sich in stabilen Preisen für Gebrauchtwagen ausdrückt.
Der Porsche Design Chronograph 911 GT3 passt perfekt zum Wagen: gelber Zeiger wie beim Drehzahlmesser und Ring in Shark Blue
Dem Käufer eines Porsche 911 GT3 würde ich in jedem Fall empfehlen, den passenden Chronographen von Porsche Design dazuzubestellen: Den gibt es nur für Käufer des Fahrzeugs und er ist optisch perfekt auf den individuellen Wagen abgestimmt, samt Automatikrotor im Felgendesign und Zifferblattring in Wagenfarbe. So kann man den GT3 quasi ins Restaurant, an den Strand und in den Flieger mitnehmen und sich bei jedem Blick auf die Uhr daran erinnern zu lassen, was einen da am Wochenende erwartet.
Der GT3 ist also eine Fahrmaschine, die dank des ergreifenden Sounds, des ultrapräzisen Handlings und der dynamischen Optik einen Riesenspaß macht. Die extrem direkte Lenkung sorgt auf der Autobahn für Schweißperlen auf der Stirn. Dagegen sind die überraschend bequemen Schalensitze und der Federungskomfort sogar langstreckentauglich.
Kaffeepause nach dem Waldabenteuer: Auch hier hat der Porsche 911 GT3 Vorteile.
Porsche baute den limitierten 911 R 2016 als pure Fahrspaßmaschine. Die Kombination aus GT3-RS-Motor, ultimativem Leichtbau, Schaltgetriebe und der flügellosen Silhouette war so erfolgreich, dass Porsche das Konzept in der 991.2-Generation als GT3 Touring fortführte.